Der Nucleus accumbens („anliegender Kern“) ist eine etwa daumennagelgroße Ansammlung von Hirnzellen im ventralen Striatum, einem Bereich unseres Vorderhirns. Dieser Bereich ist Teil des Verstärkungssystems des Gehirns und wird auch oft als „Belohnungszentrum“ angesprochen. Er ist maßgeblich an Motivation, Genuss und Lernprozessen beteiligt, seine Funktion wird stark vom Hirnbotenstoff Dopamin bestimmt. Beispiele für Verhaltensweisen und Verhaltensfacetten, die mit dem Nucleus accumbens in Verbindung gebracht werden:
1. Belohnungslernen
Der Nucleus accumbens spielt eine Schlüsselrolle für das Belohnungslernen. Wenn ein Verhalten (z. B. körperliche Aktivität oder erfolgreiches Problemlösen) zu einer Dopaminfreisetzung führt, geht dies mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einher, dass das Verhalten wiederholt wird.
2. Suchtverhalten
Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Kokain, Amphetamine und Opioide sind mit einer verstärkten Freisetzung von Dopamin im Nucleus accumbens verbunden. Diese verstärkte Freisetzung entspricht einem erhöhten Verlangen nach der Substanz. Das Belohnungssystem wird gewissermaßen „gekapert“. Auch Verhaltenssüchte wie Glücksspiel, Kaufsucht oder Esssucht (insbesondere mit Blick auf Zucker und fettreiche Nahrung) können über das Belohnungssystem verstärkt werden.
3. Soziales Verhalten und Bindung
Soziale Interaktionen, wie das Knüpfen und Pflegen von Bindungen, führen ebenfalls zu einer Dopaminausschüttung im Nucleus accumbens und verstärken somit positive soziale Verhaltensweisen. Aber auch die Freisetzung von Oxytocin beim Erlebenn sozialer Anerkennung, emotionaler Verbundenheit oder bei sozialen Interaktionen wie Umarmungen aktiviert das Belohnungssystem und steigert das Gefühl von Zufriedenheit.
4. Essverhalten und Genuss
Lebensmittel, besonders solche mit hohem Salz-, Zucker- und Fettgehalt, führen zu einer starken Dopaminfreisetzung im Nucleus accumbens, was dazu führt, dass wir diese Nahrungsmittel bevorzugt konsumieren werden.
5. Risikobereitschaft und Erregung
Risikoaktivitäten wie Glücksspiel, Extremsportarten oder das Eingehen sozialer oder finanzieller Risiken können ebenfalls eine Dopaminfreisetzung bewirken. Menschen, die ein hohes Bedürfnis nach Spannung und Nervenkitzel haben, erleben eine starke Aktivierung des Belohnungssystems und neigen häufig zu risikoreichen Entscheidungen.
6. Sexualverhalten
Sexuelle Aktivitäten und sexuelle Erregung gehen ebenfalls mit einer Aktivierung des Nucleus accumbens einher, wobei die Ausschüttung von Dopamin zum Gefühl von Freude und Befriedigung beiträgt. Dies verstärkt die Wahrscheinlichkeit, dass sexuelles Verhalten gesucht und wiederholt wird.
7. Musik und Kunstgenuss
Der Genuss von Musik, Kunst oder anderen kulturellen Aktivitäten kann auch zu einer Dopaminfreisetzung im Nucleus accumbens führen. Menschen erleben oft Freude und Erfüllung beim Hören von Lieblingsmusik oder beim Erleben ästhetischer Eindrücke. Diese Aktivierung des Belohnungssystems verstärkt die Vorliebe für Musik- und Kunsterlebnisse und kann sogar stimmungsaufhellend wirken.
8. Lernen und Neugierverhalten
Neues Lernen und das Lösen komplexer Aufgaben führen zur Aktivierung des Nucleus accumbens. Die Belohnung beim Lernen unterstützt die Motivation, neue Informationen aufzunehmen und Wissen zu erweitern. Diese Verhaltensweisen werden häufig als intrinsisch belohnend angesehen, weil sie positive Gefühle der Kompetenz und des Fortschritts hervorrufen.
Der Nucleus accumbens ist also wesentlich daran beteiligt, wie Menschen Erlebnisse verarbeiten und welche Verhaltensweisen sie als Belohnungen erleben. Seine Aktivierung durch Dopamin und andere Neurotransmitter verstärkt Verhaltensweisen, die für das Überleben, das Wohlbefinden oder die soziale Interaktion wichtig sind, kann aber auch zu dysfunktionalen Mustern wie Sucht führen, wenn das Verstärkungssystem durch wiederholte Reize übermäßig stimuliert wird.